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Ein Sessel, einsam im Raum stehend, wie zum Abtransport verpackt und bereitgestellt. Ein überdimensionaler Buchstabe, spiegelverkehrt, von Streben gestützt, von der Dachkante in die Gegend blickend. So unscheinbar wie auch ungewöhnlich sind diese beiden Sujets, und man fragt sich, wovon sie sprechen. Der Sessel ist verpackt, verschnürt, auf eine unregelmäßige Weise, die in das regelmäßige Ambiente eingepasst ist: Es zeigen sich – leicht nach links verschoben – trapezförmige Raumstrukturen, die den Sessel rahmen; das Bild ist symmetrisch, aber nicht strikt. Der Buchstabe R, Teil eines in die Landschaft schauenden Schriftzugs auf dem Dach eines Firmengebäudes, wird von den erwähnten Streben gehalten, die als dienende Stützen sich ebenfalls wie ein Trapez zeigen, und so wirkt auch dieses Bild symmetrisch. Aus der Strenge herausgenommen wird die Komposition durch den Buchstaben selbst, der nicht symmetrisch ist, wie etwa ein M oder ein W oder ein A oder ein O symmetrisch wären.

Was beide Fotos von Jürgen Grünwald besonders macht, ist, dass sie in einem mehrstufigen Verfahren hergestellte Daguerreotypien sind. Das erste Abbild kommt beim Fotografieren auf ein Kleinbildnegativ zustande. Nach der Entwicklung wird im nächsten Schritt der Abzug gemacht, der dann wiederum auf ein Großbild umkontaktet wird, von dem schließlich die Daguerreotypie reproduziert wird. Während dieses Verfahrens wechselt das Abbild des Gegenstands permanent von Spiegelung zu Nichtspiegelung. Dies mag technisch bedingt und womöglich selbstverständlich sein, doch der Entstehungsprozess ist Jürgen Grünwald wichtig. Es geht auch um die Sichtbarmachung der dabei stattfindenden Veränderungen. Im Ergebnis mögen sie vielleicht nicht sichtbar sein, aber:

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